depression

Die typische depressive Symptomatik ist allgemein bekannt: Gedrückte Stimmung, Interesse- und Lustlosigkeit, fehlender Antrieb, Erschöpfung, Schlafstörungen (häufig Frühsymptom). Indes ist nicht jeder Verlust von Initiative und Interessen eine Depression, mögliche hirnorganische Erkrankungen (z.B. im Frontalhirn) müssen erkannt oder ausgeschlossen werden. Eine Depression mit einer überwältigenden Schwermut, einer Verlangsamung aller psychischen Vorgänge einschließlich des Denkens (oder im Gegenteil einer ausgeprägten Unruhe) und starken körperlichen Begleiterscheinungen wie Appetitverlust oder Schlafstörung wird auch als Melancholie bezeichnet.

 

Ursächlich kommen oft mehrere Faktoren zusammen: Genetische Einflüsse, frühkindliche oder auch spätere traumatische Erlebnisse (z.B. Verluste) und ein evtl. gestörter Neurotransmitter-Stoffwechsel. Eine eindeutige Stoffwechselstörung des Gehirns kann im Einzelfall gegenwärtig leider nicht definitiv nachgewiesen werden (im Gegensatz zu "richtigen Hirnerkrankungen", z.B. Parkinson, Schlaganfall etc.). Für Laien wichtig zu wissen: Derzeit ist ein im Blut gemessener Serotonin-Wert für depressive Menschen ohne jede Relevanz! Organische Erkrankungen dürfen nicht übersehen werden.

 

Die Abgrenzung von Angsterkrankungen (z.B. generalisierte Angststörung, Panikstörung oder soziale Phobie) oder Zwangserkrankungen ist wichtig. Von Bedeutung ist auch, dass eine Depression wahrscheinlich anfälliger macht für manche körperliche Erkrankungen, z.B. für die koronare Herzkrankheit. Außerdem verschlechtern zusätzliche Depressionen die Prognose nach Herzinfarkt oder Bypass-Operation. Umso wichtiger ist dann die Behandlung. Untersuchungen ergaben, dass nur ca. 10% aller Depressionspatienten nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung richtig therapiert werden! Jede Depression sollte deswegen fachärztlich behandelt werden! Alle Depressionen sind behandelbar und besserungsfähig.

 

Die Therapie wird vom jeweiligen Gewicht der ursächlichen Faktoren abhängen, aber auch von der freien Entscheidung des informierten Patienten. Eine Psychotherapie oder Beratung als Basisbehandlung wird meist sinnvoll sein, je nach Konfliktlage und Interesse bzw. Motivation des betroffenen Menschen - nicht zuletzt auch zur Vorbeugung - u.U. längerfristig (tiefenpsychologisch oder verhaltenstherapeutisch).

 

Zumindest als Begleitung einer medikamentösen Behandlung sind stützende psychotherapeutische Gespräche in einer gewissen Regelmäßigkeit unabdingbar. Bei mittelgradigen und schweren Depressionen empfiehlt sich in der Regel die zusätzliche medikamentöse Therapie (Grundsätzlich gilt: Je schwerer die Depression, desto eher lässt sich eine Wirkung von Antidepressiva feststellen), wenigstens vorübergehend (aber zeitlich nicht zu kurz), evtl. aber auch vorbeugend (v.a. bei früher gehäuft auftretenden depressiven Phasen).

 

An Stelle von herkömmlichen Antidepressiva (z.B. Amitriptylin oder Maprotilin) gibt es heute modernere, oft besser verträgliche Alternativen, z.B. die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Citalopram oder Sertralin (alle Antidepressiva sind übrigens ohne Abhängigkeitsrisiko!), aber auch Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wie Duloxetin (zusätzlich besonders gut schmerzwirksam) oder Venlafaxin. Bupropion ist ein Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, das neue Agomelatin ein Melatonin-Rezepzoragonist. Die Auswahl hängt von der Art der depressiven Symptomatik (z.B. Antriebssteigerung erwünscht? Mangel an Interesse und Energie? Schlafstörung? Starke Nervosität und innere Unruhe?), aber auch vom Nebenwirkungsspektrum des jeweiligen Medikamentes ab. Aus der Fülle der heutzutage existierenden Substanzgruppen kann nur der Facharzt die vermutlich richtige auswählen. Übrigens: Rauchen beschleunigt den Abbau aller Antidepressiva, vermindert also deren Wirksamkeit.

 

Bei wiederholt auftretenden depressiven Phasen (oder auch beim Wechsel von depressiven und so genannten manischen Phasen = Bipolare Störung) ist oft eine medikamentöse Phasenprophylaxe empfehlenswert, Medikamente wie Lithium-Präparate, Carbamazepin oder Lamotrigin werden eingesetzt.

 

In Bezug auf Depressionen wird vieles von den Betroffenen manchmal fast grundsätzlich anders gesehen als von der medizinischen Wissenschaft, so z.B. der Sinn der medikamentösen Behandlung. Die Studienlage ist eindeutig: Bei zumindest mittelschweren Depressionen bringt die medikamentöse Behandlung eine raschere und durchgreifendere Besserung als Methoden, die oft von Laien favorisiert werden (Homöopathie, Hormonbehandlung etc.). Das Vermeiden einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung verschenkt Lebensjahre (s.o. in der Einleitung dieser Seite).

 

Auch die Dauer der fachärztlichen und medikamentösen Behandlung wird oft unterschätzt. So sollte bei in der Vergangenheit gehäuft aufgetretenen Depressionen (evtl. aber auch schon nach einer sehr schweren depressiven Phase, bei familiär gehäuften Depressionen oder in einem höheren Lebensalter) diese Therapie u.U. "lebensbegleitend" sein. Es gibt keinen einzigen vernünftigen Grund, warum ein Kranker mit Diabetes oder rheumatoider Arthritis lebenslang behandelt wird und jemand mit gehäuft auftretenden depressiven Phasen nicht. Rezidivprophylaxe und die richtige Dauertherapie sind von eminenter Bedeutung. (INTERNET: www.kompetenznetz-depression.de, www.buendnis-depression.de oder www.depressions-sprechstunde.de, hier z.B. Diagnose, Tests, Vorbeugung, Fragen, Bücher etc.)